Es ist möglich: Verständnis für Hundehaufen …

— aber das nützt nur bedingt

Meine Beobachtungen führen zu Verständnis

Es war durchaus ernst gemeint. Dass es vielleicht ernste, nachvollziehbare Gründe gibt, warum so viele Hundehaufen rumliegen. Beispielsweise auf dem Alexanderplatz in Krefeld Innenstadt. Da würde man beim Flanieren gern die bezaubernden Gründerzeitfassaden betrachten. Aber Vorsicht! Tretminen. Das finde ich ärgerlich und als eine Hundehalterin, die sorgfältig jeden Haufen ihres Lieblings beseitigt, um so schlimmer. Aber: Bei unseren Spaziergängen fallen mir immer mehr Menschen auf, die körperlich eingeschränkt sind, die am Rollator gehen oder im Rollstuhl sitzen – und einen Hund haben. Denen möchte ich das Recht auf so einen Hausgenossen beileibe nicht absprechen, weiß ich doch selbst, wie viel der zur seelischen Ausgeglichenheit beitragen kann. Aber dass die sich bücken um die Haufen aufzuheben? Dürfte ihnen schwer fallen. Oder schlicht unmöglich sein. Und da muss dann sogar ich Verständnis haben.

Der Alexanderplatz im Sonnenlicht - Gründerzeitfassaden in ihrer ganzen Pracht
Der Alexanderplatz im Sonnenlicht – Gründerzeitfassaden in ihrer ganzen Pracht. © Susanne Böhling

Da will ich Verständnis zeigen und es kommt falsch an

Das dachte ich mir auch, als ich auf dem Ostwall sah, wie ein Hund – Format Dalmatiner – den Rücken krumm machte, um sich zu lösen (so heißt das in Jägersprache, klingt feiner, stinkt aber nicht weniger). Und sein Herrchen flotten Schrittes davon strebte. „Sehr schlau”, dachte ich mir. “So kriegt er nicht mit, was sein Köter da macht und kann ihn später in aller Unschuld zu sich pfeifen.” Skandalös. Aber – siehe oben – und das sagte ich dann auch zu einem dritten Hundehalter, der sein Tier an der Leine führte: „Vielleicht hat es der junge Mann ja im Kreuz.“

Es war nicht ironisch gemeint! Aber …

Was der junge Mann nicht überhören konnte. Worüber er sich erst ziemlich aufregte. Ich fürchtete schon, er würde mir eine reinhauen, so aggressiv kam er rüber. Aber dann erklärte er: „Sonst macht sie nur einen Haufen – und ich hatte nur eine Tüte dabei.“ Er wollte also –flotten Schrittes – lediglich zur nächsten Hunde-Station um sich dort eine Tüte für den zweiten Haufen zu holen. Da konnte ich seinen Unmut verstehen und habe ich mich schlicht und aufrichtig entschuldigt. Der junge Mann war viel zu aufgebracht, um sich meine eingangs geschilderten Betrachtungen als Begründung für meine Bemerkung anzuhören. Und als wir uns heute Morgen erneut begegnet sind, haben wir uns ganz freundlich gegrüßt.

© Susanne Böhling

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Hochwasser in Uerdingen

Eigentlich wollte ich nur eben mit dem Fahrrad zum Markt in Uerdingen und anschließend eine Runde über Stratum und Linn nach Hause drehen. Dann habe ich mich doch mit einer Hochwasserschau begnügt.

Blick aufs Vereinshaus des Uerdinger Ruderclubs Foto: © Susanne Böhling
Wasser weit und breit – so präsentiert sich heute der Rhein. Das scheinbar gebogene Geländer ist eigentlich gerade und der Rhein macht einen Knick. Foto: © Susanne Böhling

Ich denke an meinen ersten Rudergang bei Hochwasser. Wir fuhren ein Stück Rheinaufwärts durch die Weiden und Pappeln über die Wiesen, die hinauf zum Deich führen und über die ich sonst laufe. Dort war das Wasser ganz ruhig. Später stromab in die Roos, eine Hochwasserausgleichsfläche nördlich des Bayerwerks Richtung Rheinhausen. Zurück mussten wir auf die rechte Rheinseite, weil vor der Kaimauer in Uerdingen die Strömung zu stark war. Wir wären nicht dagegen angekommen. Besonders bei der zweiten Querung, zurück zum Ruderhaus, war mir die starke Strömung unheimlich. Ich sah uns schon im Wasser – ohne Chance auf Rettung. Aber die vier Kerle im Boot legten sich mächtig ins Zeug und so verloren wir trotz der Strömung nicht einmal an Höhe. Trotzdem war ich sehr dankbar, als ich kurz darauf eine Rettungsweste geschenkt bekam. Die hing seitdem immer in meinem Spind im Ruderhaus.

Was allerdings meine Fahrradpläne anbelangt: Es war jetzt entweder zu kalt oder ich nicht warm genug angezogen. Jedenfalls stand da die Straßenbahn der Linie 44 an ihrer Endhaltestelle, an der ich ja vorbei musste. Hätte müssen. Denn ich habe dann kurzerhand die Abkürzung genommen.

Falls Ihr einige andere Rudererlebnisse nachlesen wollt. Hier sind die Links:
Rudern und Baden
Aufbruch zum Rheinmarathon
Der Rheinmarathon – ein besonderes Ereignis
Der Tag nach dem Rheinmarathon

Ommm – auf türkisch

Nur nicht aufregen. Auch in scheinbar aussichtslosen Situationen gibt es Grund zur entspannung. bei mir übernehmen das die nachbarn.

Zugegeben: Ich war aufgeregt! Seit 9:30 Uhr saß ich auf meinem Koffer. Oder besser: Auf meinen Koffern! Es war bei weitem nicht nur einer! Ich sollte für mindestens vier Wochen in Reha … Dort sollte mein gebrochenes Bein wieder fit werden. Das durfte ich nicht belasten, musste mich bei jedem Schritt auf zwei „Unterarmgehilfen“ stützen, konnte also nichts selbst tragen. Wie sollte mein Gepäck in den Wagen? Vier Stockwerke ohne Aufzug und meine Wohnung liegt mitten in der Fußgängerzone. Ein unlösbares Problem. Furchtbar.

Hilfsbereitschaft aus der ersten Etage

Den Nachbarn aus der ersten Etage, ein Familienvater mit türkischem Hintergrund, rief ich um 9:50 Uhr an und bat ihn, mir das Gepäck schon mal herunterzutragen. Er hatte mir schon zu Beginn meiner Behinderung seine Hilfe angeboten und mir seine Karte gegeben. Jetzt war es 10 Uhr, die Koffer standen ordentlich aufgereiht unter den Briefkästen im Hauseingang, und ich – auf einem Bein – vor der Tür. Es war jetzt 10:10 Uhr. Noch immer kein Anruf vom Fahrer, der sollte sich doch 20 Minuten vor Ankunft bei mir melden. Seit 10 Uhr darf man nicht mehr in die Fußgängerzone fahren.

Yoga ist diesmal keine Lösung

Es würde schwierig werden. Ich war also immer noch aufgeregt. Oder sogar etwas aufgeregter. Die Atemzüge (habe ich überhaupt geatmet) wurden kürzer, die Sauerstoffzufuhr für mein Gehirn (Gehirn, was ist das?) schlechter … „Und jetzt machen wir alle Ommm“ hätte mein Yogalehrer gesagt. Aber er war nicht da und mir selbst kam diese Empfehlung einfach nicht in den Sinn, aufgeregt wie ich war und mit meinen Gedanken um den Fahrer und um das Gepäck … „ich habe doch hoffentlich nichts vergessen?“

Rettung aus der Änderungsschneiderei

Da ging die Tür der Änderungsschneiderei auf. Die Nachbarin aus der ersten Etage, die hier den Leuten die Hosen kürzer und die Röcke weiter macht, und deren Ehemann mir die Koffer geschleppt hatte, stellte mir augenzwinkernd einen Stuhl vor die Tür. Mit einem dankbaren Blick ließ ich mich darauf plumpsen und holte das erste Mal wieder Luft. Die Nachbarin verschwand in ihrer Änderungsschneiderei.

Kaffee wirkt wunder

Kurz darauf ging die Tür ein zweites Mal auf, sie kam heraus und drückte mir eine frische Tasse Kaffee in die Hand. Der Kaffee duftete, gierig und tief sog ich den Dampf in meine Lungen. Mein Atem beruhigte sich, ich nahm einen kleinen Schluck und lächelte sie an. Mit jedem weiteren Schluck beruhigte ich mich etwas mehr und irgendwann fing mein gesundes Bein an zu baumeln, ein sicheres Zeichen für komplette Entspannung. Der Transportdienst war eine dreiviertel Stunde zu spät, er hatte mich nicht 20 Minuten vor seiner Ankunft angerufen. Es hatte einen Stau gegeben, das hätte ich mir ja denken können.

Ich kann mir nicht immer selbst helfen

Und jedem Menschen, dem „Ommm“ in solchen Situationen nicht einfällt, was umso wahrscheinlicher ist, je größer die Aufregung, wünsche ich freundliche Nachbarn wie die meinen.