Exlibris: Kleine Grafik gegen das Vergessen von Buchbesitzern

Durch eine 170000 Exemplare umfassende private Schenkung wird Mönchengladbach zum ersten Zentrum der Exlibris-Kunst in Deutschland

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„Ich hatte mir vorgenommen, eine Weltsammlung anzulegen“
Gernot Blum, Sammler

Schuld ist der Onkel. Der hat im Jahr 1954 dem damals 15-jährigen Gernot Blum eine 15-bändige Ausgabe der Werke Friedrich Nietzsches vererbt. „Damit konnte ich noch nichts anfangen“, sagt der Neffe. Aber alle diese Bücher waren innen mit Exlibris auf den Namen Kurt Blum ausgestattet. „Und die haben mich sofort fasziniert!“ erinnert er sich an den Beginn einer Leidenschaft, die ihn bis auf den Tag nicht losgelassen hat und ihn letztendlich in den Besitz einer 170000 Exemplare umfassenden Sammlung brachte. Die hat Blum vor kurzem als Schenkung der Stadt Mönchengladbach übergeben. Die Stadt wird damit zum ersten Zentrum der Exlibris-Kunst in Deutschland.

Exlibris – das bedeutet „aus den Büchern“

Diese kleinen, künstlerisch gestalteten Druckgrafiken gibt es fast so lange wie gedruckte Bücher. Sie enthalten den Namen des Buch-Besitzers und dienten von Anfang an als Erinnerungshilfe, damit der dem er das Buch leiht, nicht vergisst, woher er das Buch hat und es womöglich deshalb nicht zurückgeben kann. Sofort nach dem Antritt des Erbes entwarf Blum sein erstes Exlibris, das von nun an als individueller Schmuck in jedes seiner neuen Bücher geklebt wurde.

Das erste Exlibris gestaltete Blum selbst

Erst 1978 ließ sich Blum das erste Exlibris – wie üblich – von einem professionellen Künstler gestalten, inzwischen hat er 529 in seiner Opus-Liste. Gefertigt werden sie in allen erdenklichen Drucktechniken vom Kupferstich bis zur Computergrafik. Viele bekannte Künstler widmeten sich dieser Kunst. „Die 19 von Albrecht Dürer sind so groß, dass man sie nur in Folianten kleben konnte“, sagt Blum. Er selbst besitzt ein Exlibris von Lucas Cranach dem Älteren. „Mein wertvollstes Stück aus dem Jahr 1480“, sagt er, ausnahmsweise erworben bei einem Auktionshaus.

Tausch auf Börsen oder per Post

Ansonsten werden Exlibris nicht gehandelt, sondern getauscht. So schickte er 1978 sein erstes Exlibris an einen Sammler in Dänemark. „Dafür bekam ich einen Umschlag mit 30 Stück zurück“, erinnert er sich an den Grundstock seiner Sammlung. Auch heute noch geht es per Post – auf der Grundlage von den im Internet veröffentlichten Opus-Listen. „Oder auf Tauschtreffen“, sagt Blum, der vom letzten Jahrestreffen mit 300 neuen Exemplaren zurück kam. Das nächste findet am 13. Juli in der Stadtbibliothek in Mönchengladbach Rheydt statt.

Blum, der jahrelang Vorsitzender der Deutschen Exlibris Gesellschaft war und viel publiziert hat, hat seine Sammlung sehr systematisch aufgebaut „Ich habe es darauf angelegt, eine „Weltexlibris-Sammlung anzulegen“, sagt er zufrieden. Jedes Land ist vertreten und möglichst auch jeder Exlibris-Künstler. „Andere sammeln zu einem Thema oder nach persönlichem Geschmack.“

INFO:

Gernot Blum war wie sein Onkel Kurt Nervenarzt und lebt seit seiner Kindheit in Mönchengladbach. www.exlibris-blum.de

Exlibris-Sammlungen: Die größte ordentlich erfasste Sammlung besteht in Dänemark mit rund 300000 Exemplaren. Gladbach hat mit Blums Schenkung die größte Deutsche Sammlung (mehr als 190000 Exemplare), noch vor dem Gutenbergmuseum in Mainz (maximal 120000 Exemplare). In London lagert die größte Sammlung der Welt, allerdings nicht erfasst und katalogisiert, genau wie in Nürnberg, wo nach Blums Vermutung die ältesten und wertvollsten Exemplare lagern.

Die Stadt Mönchengladbach hat sich im Zuge der Schenkung verpflichtet, die Sammlung zu katalogisieren und zu pflegen.