Mein Bungee-Sprung hat gar nicht weh getan

Ein Mutmachgeschichte für einen Kollegen mit großer Klappe, der ein Bungee-Jumping gewonnen hat

Es war beim Familienfest der Borussia in Mönchengladbach im Jahr 2010. Damals sollte ich eine Reportage für die Mönchengladbacher Redaktion der Westdeutschen Zeitung schreiben. Ich war früh vor Ort, kurz nach 9 Uhr und gellende Schreie lenkten meine Blicke auf einen riesigen Autokran, an dem ein dickes Seil hing an dessen Ende einer Frau kopfüber baumelte. Jetzt war sie stumm – aber sie lebte.

Nur mal so gefragt: “Kann hier jeder einen Bungee-Sprung machen”?

“Unter welchen Bedingungen kann man so einen Sprung bei Ihnen machen?” fragte ich die Frau am Eingang zu dem Spektakel. Sie war eine Mitarbeiterin der Postbank, die in dieser Saison Hauptsponsor der einzig wahren Borussia vom Niederrhein war. “Wir verlosen die Sprünge unter den Fans”, sagte sie mit skeptischem Blick. “Muss ich auch an dieser Verlosung teilnehmen?” fragte ich weiter, mein Blick auf das Geschehen am Seil gerichtet. Im Hinblick auf meine Tätigkeit sagte sie: “Wir können Sie gerne dazwischen nehmen!” Ich erschrak, denn ich war auf vieles eingestellt, aber nicht darauf, einen Bungee-Sprung zu machen! Aber kneifen wollte ich auch nicht. Um das schlimmste zu verhindern hatte ich noch eine Bitte: “Kann ich noch kurz aufs Klo?” Sie grinste noch viel breiter und sagte gnädig: “Wenn’s schnell geht?!”

Kurz vor dem Bungeejump ist mir doch mulmig

Mit John vom Team Schweizer auf dem Weg nach oben ist mir doch etwas mulmig. Foto: Peter Reichartz

Wie gefährlich ist Bungee-Jumping?

An sich sind die Gefahren beim Bungee-Jumping nicht sehr hoch. Das Seil ist bei solchen Abenteuern beispielsweise nicht öfter als 10 Mal gerissen.

Mein Bungee-Sprung in der Zeitung

Westdeutsche Zeitung, Ausgabe MG vom 2. August 2010

Über andere Gefahren berichtet ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2010. Mir war beim Zuschauen klar, dass es eine Belastung für die Wirbelsäule geben könnte, wenn der Körper sich peitschenartig verbiegt, wie bei der Springerin, die so geschrieen hatte.

Eine gute Haltung nimmt dem Bungee-Sprung die Gefahr

Es erschien mir von daher nur logisch, dass John aus dem Team Schweizer zu folgender Haltung riet:

“Beine zusammen, Zehen an die Kante, Hintern anspannen, Hohlkreuz machen, Kopf in den Nacken, Hände über den Kopf, mit der rechten Hand ums linke Handgelenk fassen”

Also spannte ich den ganzen Körper an – und konnte die Spannung auch für die Dauer des Sprungs aufrechterhalten. Schließlich sind es nur wenige Minuten, bis man wieder unten auf dem Boden sitzt.

Was sagen Geist und Psyche zu dem Bungee-Sprung?

Über die Auswirkungen auf Hirn, Geist und Seele hatte ich mir zuvor keine Gedanken gemacht. Hierzu Wikipedia

Es waren allerdings – anders als im Zeitungsartikel geschrieben – nicht nur eine Stunde, die verging, bis das Kribbeln in meinen Adern nachließ, sondern ein paar Tage. Besonders schlimm für mich war, dass ich im Anschluss an den Sprung relativ gefühllos war. Während ich sonst geradezu wittere, wo gerade etwas bemerkenswertes läuft, irrte ich über das Familienfest und hatte das Gefühl, irgendwie neben mir zu stehen. Alles ließ mich kalt.

Zwei Fotografen hielten meinen Sprung fest

Was ich nicht besser hätte organisieren können: Zwei Fotografen dokumentierten meinen Sprung. Peter Reichartz und Dieter Wiechmann, zwei Kollegen, waren zufällig anwesend. Und so konnte ich später in meinem Gesicht lesen, woran ich mich beim besten Willen nicht hätte erinnern können: Die Haltung während des Sprungs, den Stress im Anschluss, aber auch die Vorfreude.

Die Vorfreude ist mir deutlich ins Gesicht geschrieben, links hinter mir Fotograf Peter Reichartz. Foto: Dieter Wiechmann

Trotzdem: Nochmal muss ich das nicht haben. Ich weiß ja jetzt, wie es ist, und drei Tage neben mir zu stehen und nichts zu fühlen ist ein hoher Preis für einen sensiblen und empathischen Menschen wie mich.

In der Schwebe zwischen Himmel und Erde. Foto: Peter Reichartz

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